VincentDamphousse25 schrieb:Du warst /bist doch drüben. Kannst du evtl. aus erster Hand was dazu sagen wie es in den USA ausschaut? Darf man fragen wo du warst/bist? Gerne auch per PN wenn du Lust hast.
Ja ich bin noch drüben. Aus erster Hand ist leichter gesagt als getan. Ich wohne an der Ostküste zwischen Philly und NYC. Allerdings in einer Ortschaft, die ziemlich progressiv, europäisch geprägt und aufgeschlossen ist. Klar, vereinzelt gibt es auch da Trumpanhänger (z.B. in meinem Hockey Team, das sind lustige Diskussionen). Aber im Prinzip kriegst du wenig von Leuten, Kollegen usw. mit, was sie denken. Die politischen Gespräche gehören nicht zum Smalltalk.
Meine Freunde hier haben eher eine Welt- und politische Ansicht wie ich. Das heißt, ich lebe damit schon in einer gewissen Blase. Aber das war in Deutschland auch nicht viel anders. Man umgibt sich halt mit Leuten, die ähnlich denken, wie man selbst. Ist ja sympathischer. Viele Amis zeigen ihre Gesinnung vor allem durch Schilder und Fahnen an ihrem Haus. Z.B. haben viele jetzt Black Lives Matter Schilder oder No HATE, we believe that there are no illegal human being etc. Und natürlich dann die Gegenseite mit TRUMP, Pence, Build the Wall etc. Eine direkte Anfeindung hab ich nur vorm weißen Haus erlebt, als einer mit einem Schild stand "hier regiert ein Idiot" und dann von einem Trumpsympathisanten angepöbelt wurde. 
Da wir seit Corona uns möglichst an die Regeln halten, sind wir auch nicht mehr viel rumgekommen. Bei uns in der Stadt gab es Proteste und Verlautbarungen usw. Aber jetzt nichts so großes wie das z.B. in Philly, als eine Millionen Menschen da aufgelaufen sind. Das haben wir aber auch nur in den Nachrichten gelesen. Das Land ist riesig. Die Städte, wo wir uns meistens aufgehalten haben, sind eher europäisch und demokratisch. Die ländlichen Regionen ticken da komplett anders. Und mit den sozial schwachen Schichten kam ich nur selten in Berührung. Meistens wenn ich auf irgendein Amt musste.
Um den Bogen wieder zum Hockey zu bekommen. Die meisten Amis sind ziemlich sportverrückt. Jeder war auf irgendeiner Uni mit irgendeinem Team. Teilweise ist der Collegesport hier wichtiger angesehen, als die Profiligen. z.B. ist March Madness (Basketball) ein richtig großes Ding und jeder fiebert mit, weil jeder irgendeine Verbindung zu einer Uni hat.
Bei geschäftlichen Anlässen ist es nicht unüblich einen Abend im Sportsdress zu machen und so kommt man direkt ins Gespräch, weil jeder die ganzen Teams kennt.
Von daher haben die Sportteams schon eine unglaubliche Reichweite und auch Wirkung, wenn sie für was einstehen. Und nein, es ist nicht ihr Job, aber z.B. haben die Adler Mannheim auch Rosatis "Rosy's Kids' Corner" unterstützt für krebskranke Kinder, die Kampagne "Drogen legen dich auf Eis" (auch wenn Pouget gekokst hat zu der Zeit) und das Spiel der leichtenden Herzen. Es ist eine Firma wie jede andere auch. Und ich bin ebenso stolz auf meinen Heimatverein, wie meine Firma, wenn sie sich sozial und auch sozialpolitisch engagieren bzw. solche Aktionen ermöglichen und unterstützen. Dadurch geben sie Leuten die Möglichkeit, die eine intrinsische Motivation haben etwas gutes zu machen, dies auch umzusetzen. Und das kann wiederum andere Inspirieren.
Brice schrieb:Hatte am Anfang Bock auf die NHL, jetzt wo sich alle um andere Dinge kümmern als um den Sport habe ich das Interesse verloren. Entweder konzentrieren sie sich auf Eishockey oder sie lassen es sein. Aber das ständige Gejammer über die Bedingungen, die politische Situation in den USA und den berühmten Sack Reis, darauf habe ich keine Lust. Andere würden gerne deren Platz einnehmen. Erinnere mich an einen Beitrag über die KHL 2 wo selten pünktlich Gehalt gezahlt wird, Nächte an Flughäfen und Busterminals normal sind.
Deshalb muss ich dir da widersprechen Brice. Ja, das rumgeheule über das Leben in der Blase ist schon beschämend, für die Gehälter und den Luxus, den sie bekommen. Das politische Statement zum Rassismus ist aber eine ganz andere Hausnummer. Mag sein, dass die NHL sich jetzt erst genötigt gesehen hat, etwas zu tun. Aber sie haben es getan. Und aus den Berichten heraus lese ich es eher so, dass die Spieler die Initiatoren waren. Und selbst wenn nicht, haben sie jetzt die Möglichkeit gehabt, etwas zu tun. Ich kenne das ähnlich aus meiner Firma. Die Führung muss die Möglichkeit geben, dass etwas getan werden kann bzw. die Offenheit dafür zeigen. Bei uns geschiet das durch unsere Wertedoktrin. Und dann finden sich Leute, die das machen wollen. Wenn die Firma das gar nicht erwähnen würde, würden viele gar nicht auf die Idee kommen, oder es halt woanders machen. Und wie in dem von Vincent verlinkten Artikel, haben einige Spieler bereits Vereine oder Stiftungen gegründet. Und auch die Bestrebung, dass die NHL mehr divers werden soll, geht voran. Das alles wird natürlich nicht die Welt morgen in den USA verändern. Aber es ist ein Anfang. Und wer, wenn nicht die Idole von vielen Millionen Menschen, ist besser geeignet solch einen Schritt zu gehen, wenn der Präsident selbst, solche Schritte schmerzhaft vermissen lässt?
Und eigentlich besagt doch deine Genervtheit genau das, was sie bezwecken wollten. Du musstest dich erneut mit dem Thema Rassismus beschäftigen. Und dafür haben sie sogar in Kauf genommen, dass du entnervt jetzt Abstand von den Playoffs nimmst. Hätten sie einfach weiter gespielt, hättest du weiter geschaut, aber das politische und gesellschaftliche Geschehen, wäre an dir vorüber gegangen (außer natürlich du verfolgst es ausreichend in den News).
Ahja, News. Es kommt hier ganz stark drauf an, welche Nachrichten man sich reinzieht. Fox News ist ziemlich groß hier und hat zig Sender. Vor allem auch viel Sport- und Filmprogramm. Und dann kommen eben auch die Trump freundlichen Nachrichten dazu. Da sind einige Amis durchaus komplett "brainwashed". Dementpsrechend ist es in meinen Augen wichtig, dass ihre geliebten Sportteams hier mal eine Aussage treffen, die sonst gar nicht bei ihnen ankommt. Wenn man nämlich nur Fox News schaut, ist Trump quasi der Messias, der die Aufstände der linken Apokalyptiker genau richtig behandelt.
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