Will mal versuchen, den Draft zu erläutern. Dabei hilft es, ein bisschen was zum US Profisport zu wissen. Hier vereinfacht (und nicht unbedingt 100 % korrekt) ein kleiner Überblick.
In den USA unterhalten alle Profi-Vereine der großen Sportarten (Baseball, Basketball, Eishockey, Football) nicht nur ein Team in der höchsten Liga, sondern mehrere Profiteams auf allen möglichen Leistungsstufen. Deshalb gibt es dort auch keinen Auf- und Abstieg, weil ohnehin jede Organisation in allen Ligaebenen vertreten ist. Die Teams der unteren Leistungsniveaus werden oft auch als Farmteams bezeichnet, weil dort die Spieler für die höchste Liga fertig ausgebildet und ausgewählt werden.
Gleichzeitig sind die US Nachwuchs-Profis nicht an ein Team in einer bestimmten Liga gebunden, sondern an eine einzelne Profi-Organisation. Die Verträge der jungen Spieler laufen sehr lange. Das Gehalt des Spielers richtet sich danach, in welcher Liga er eingesetzt wird. In der höchsten (hier: NHL) gibt es Millionen, darunter reicht das Geld häufig nur gerade so zum Leben. Die Manager der Organisation entscheiden, oft von einem Tag zum nächsten, in welcher Mannschaft ein Spieler eingesetzt wird. Innerhalb der Organisation werden Spieler oft mehrmals pro Saison von einem Ende der USA zum anderen verschoben, um auf unterschiedlichen Leistungsstufen eingesetzt zu werden.
Weil sich die Spieler schon zu Beginn ihrer Profilaufbahn mit 16, 17 Jahren langfristig an eine Organisation binden, ist die richtige Auswahl junger Spieler enorm wichtig. Der Handel von Spielern mit Ablösen, wie im Europäischen Spitzenfußball üblich, hat eine wesentlich kleinere Bedeutung, was auch den langjährigen Verträgen schon im jungen Alter geschuldet ist.
Um passende Spieler zu finden, leisten sich die Organisationen ein ganzes Heer von Scouts, das oft weltweit tätig ist. Diese Scouts, einige Dutzend pro Club, die zusätzlich ein Netzwerk von hunderten weiteren Beobachtern pflegen, beobachten Spieler, die "frei" zu bekommen sind, also in erster Linie Kinder und Jugendliche. Sie verfolgen deren Entwicklung an hunderten von Highschools, Sportvereinen, bei Sichtungsturnieren und sonstigen Wettkämpfen oft über Jahre. Dabei werden nicht nur die Spieler im Einsatz und Training beobachtet, sondern auch deren Statistiken gesammelt und ausgewertet.
Um einen jungen Spieler zu verpflichten, können die Proficlubs aber nicht einfach hingehen, ihm einen Vertrag anbieten und ihn verpflichten. Hier haben sich die großen Sportorganisationen auf das Draft-System geeinigt, um ein "Wettbieten" bei den größten Talenten zu unterbinden. Das Draftsystem läuft in etwa so ab wie im EZM, allerdings deutlich komplizierter und mit sehr viel mehr Durchläufen. Die Nachwuchsspieler werden also nicht von dem "eingekauft", der am meisten bezahlt, sondern sie werden nach einem festen Verfahren (Draft) verpflichtet. Der Spieler selbst kann dann unterschreiben oder nicht; seinen Verein frei wählen kann er ebensowenig, wie der Verein einen bestimmten Spieler von vornherein verpflichten kann. Erst später, wenn der Vertrag des Spielers ausläuft oder er entlassen wird, hat er die freie Wahl zwischen allen interessierten Clubs - falls ihn dann noch einer will.
Das erklärt auch, warum im EZM das Scouting bei den Nachwuchsspielern länger dauert; in der Realität ist das ein Prozess, der über viele Jahre geht. Auch die Anzahl der Spieler (24) im Verhältnis zu den Picks (12) leitet sich davon ab: Nicht jedes Top-Talent bekommt einen Profivertrag, auch in der Realität fallen viele Top-Talente durch's Sieb, weil sie im Draftsystem ganz einfach das Pech haben, nicht ausgewählt zu werden. Auch die Kosten des Scouts für das Drafting erklären sich so; im "echten" Leben stellen die Nachwuchsscouts einen gigantischen Posten bei den Ausgaben dar, der im EZM mit den läppischen 5.000 Euro täglich nur angedeutet wird.